
Bodybuilding und Doping
Tagtäglich setzen wir uns in Szene, posten Bilder auf Instagram und Co mit durchtrainiertem Body und Algendrink in der Hand, während wir für das Bild innerlich die Luft anhalten für den perfekten flachen Bauch und uns ärgern, dass wir tatsächlich 5€ für das grüne Saftding gezahlt haben anstatt die leckere Butterbreze genommen zu haben. In der Unterwäsche Abteilung begegnen uns Shaping-Höschen, Push-Up-Bh´s und die Kollegin erzählt stolz, dass sie sich neuerdings das Fett am Bauch einfach wegspritzen lässt, anstatt sich mühselig auf dem Stepper abzurackern. Heutzutage wollen wir alle perfekt sein und das mit möglichst wenig Aufwand. Bis zu einem gewissen Grad ist das völlig akzeptabel. Doch wie sieht es aus, wenn Menschen sich mit künstlichen „Wundermitteln“ vollpumpen, um etwas zu verkörpern, was sie auf natürliche Weise nicht erreicht haben?
Die Rede ist von Bodybuildern und den hohen Anforderungen an die körperliche Bestform. Stählerne Muskeln, Schlanke Konturen und glänzende, braungebrannte Körpermasse. So stellt man sich wohl das typische Bild eines Bodybuilders vor. Zuschauer betrachten voller Bewunderung diese wandelnden Körperkunstwerke und fragen sich, wie menschliche Wesen so etwas nur schaffen können. Was sie nicht sehen ist, dass hinter der Bühne kleine Pillen in den Mund wandern statt schwerer Hanteln an den Armen.
Übertriebene Bilder von Bodybuilder
Ihr erinnert euch vielleicht? Vor kurzem habe ich nach intensiver Vorbereitung [link: blogpost zu arnold classics vorbereitung] an meinem persönlichen Topziel teilgenommen: Den Arnold Classics. Dort habe ich neben vielen interessanten Erfahrungen, auch Eindrücke sammeln können, die mich einfach nur fassungslos gemacht haben.
Eins vorweg: Ich möchte euch meinen eigenen Einblick hinter den Kulissen der Wettkämpfe von Bodybuildern geben. Niemand sollte sich angegriffen fühlen, es ist mein persönlicher Standpunkt.
Lange Zeit hegte ich eine große Abneigung gegen das Bodybuilding. Als ambitionierte Fitnessbetreiberin und langjährige Sportlerin, konnte ich nie verstehen, was man daran so toll finden könnte, sich anzumalen und ein bisschen auf der Bühne seine Muskeln zu zeigen. Doch dann wurde ich immer häufiger gefragt, ob ich nicht ‘Bodybuilderin’ werden möchte wegen meiner stark ausgeprägten Muskulatur vom Turnen. Als dann neue Klassen wie „Bikini“ und „Mens Physique“ eingeführt wurden, fand auch ich gefallen an der ganzen Sache. Schließlich entschloss ich mich in der Bikini-Klasse zu starten, da mir diese Form am meisten zusagte.
Der erste Wettkampf im Frühling 2014 und ich wurde Vize Deutsche Meisterin bei den Newcomern. Von da an hatte ich Blut geleckt. Wenig später startete ich auf Empfehlung in der Klasse „Fitness-Figur“ und holte 2 Gesamtsiege. Während der gesamten Zeit wechselte ich mehre Male die Coaches. Ich fühlte mich nie gut betreut und wirklich verstanden. Sogar kurz vor der deutschen Meisterschaft letztes Jahr stand ich alleine da. Ich bekannte mich öffentlich als vegan lebende Bodybuilderin, das hat den wenigsten aus der Szene gepasst.
Meine Vorbereitung für die Gesamtsiege war der Horror – Ich musste strenge Ernährungspläne einhalten und mit verminderter Kalorienzufuhr (Meist waren es 500-600kcal) auch noch 2 Cardio Aber damals wollte ich unbedingt gewinnen und hab es so durchgezogen. Ich fing sogar an gelegentlich Fleisch zu essen, um mich mit mehr Energie perfekt auf die Arnold Classics 2015 vorbereiten zu können. Das Ziel war stets vor meinen Augen und gab mir tagtäglich die Kraft weiter zu machen.

Doch dann der große Knall. Schon beim Check-In merkte ich: Irgendwas stimmt hier nicht. Kollegen, die Menüs wie Reis-Pute-Gemüse aßen, die ich nicht mal in der Aufbauphase essen durfte. Meine Traumwelt, die ich mir während der Vorbereitung erschaffen hatte, fing an sich aufzulösen. Irgendwie hatte ich schon immer geahnt, dass so manche Mitstreiter künstlich nachhelfen. Doch ich war mir nicht bewusst, dass es hinter den Kulissen wirklich das Normalste der Welt ist. Es werden Ausreden wie Probleme mit dem Stoffwechsel erläutert und mir wurde versichert, dass die Pillen „ja nichts schlimmes seien, denn es nehmen ja eh alle was“. Kurzum: Wer sich hier nicht anpasst und lieber natural bleiben möchte statt künstlich nachzuhelfen, hat eh schon verloren.
Zu Beginn meiner Bodybuilder-Karriere war ich voller Zuversicht und wollte es allen beweisen, dass es möglich ist Wettkämpfe zu gewinnen, obwohl man Vegan ist und seinen Körper auf natürliche Weise formt. Für mich selbst habe ich gemerkt: Ja man kann einen muskulösen Körper bekommen auch auf diese Weise. Es ist hart, aber machbar. Aber um eine reale Chance bei Wettkämpfen zu haben und richtig Karriere zu machen, reicht es nicht.
So sehr ich den Sport geliebt habe und danach gestrebt habe, Karriere zu machen. Letzten Endes hat mein Verantwortungsbewusstsein gesiegt und ich habe mein Ziel aufgegeben, da es so nicht realisierbar ist. Zunächst war Ich traurig, innerlich zerstört wegen dieser Ungerechtigkeit und konnte mir meine Gefühle trotzdem nicht wirklich erklären. Über was war ich eigentlich traurig? Ich fühlte mich plötzlich wie ein Kind, dem der Lolli auf den Boden fällt und dann weggenommen wird wegen dem Schmutz. Aber ich fühle mich meine Followern gegenüber verantwortlich, diese vorgetäuschte Karriere nicht zu präsentieren.
Ich möchte niemanden reinreden und jeder sollte für sich entscheiden, ob er künstlich nachhelfen möchte. Doch was ich gemerkt habe ist, dass es so gefährlich leicht ist, in diese Abhängigkeit hineinzurutschen. Für mich ist es eigentlich wie eine Drogenszene. Wenn du einmal anfängst, bist du drin und kommst nicht mehr raus. Es fällt immer schwerer nein zu sagen, wenn einfach jeder einem was andrehen möchte und man sieht, wie viel Erfolg die anderen damit haben. Wie sehr würde ich mir wünschen, dass es anders wäre. Dass jeder so wie ich denken würde und im Kampf um die Krone mit fairen Mitteln kämpfen würde.
Bereuen tue ich es nicht, jemals teilgenommen zu haben. Ganz im Gegenteil: Ich nehme sehr viel mit aus diesen Wettkämpfen. Sowohl positives als auch negatives. Doch ich habe gelernt: Es ist nicht immer alles so wie es scheint!
Auf diesem Wege hoffe ich, dass ich mit meinem Einblick vielen Menschen die Augen öffnen kann. Ja es gibt Wunderpillen, die das Fett wegschmelzen lassen oder Muskeln aufbauen. Aber möchte man nicht lieber voller Stolz erzählen können, wie diszipliniert und willensstark man seinen Körper in Form hält? Lieber Gesund und fit leben, als vollgestopft mit Medikamenten und Hormonen.
Man sollte sich akzeptieren und sich so Mögen wie man ist – es gibt mehr als nur perfektes Aussehen im Leben. Wichtiger ist, dass man im Einklang mit sich selbst lebt. Kann man sein eigenes Spiegelbild leiden? Dann hat man alles richtig gemacht.
Eure Nora
„Be the best version of you“
StudioB15-Bloggerin Birte
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Benjamin
23. Dezember 2015 13:37Hallo Nora! Zum Thema Sport und Doping möchte ich mal kurz Steve Reeves zitieren: „Ich glaube nicht an die Verwendung von Steroiden beim Bodybuilding. Wenn ein Mann nicht genügend männliche Hormone in seinem Körper hat, um einen harten, muskulösen Körper aufzubauen, dann sollte er lieber Tischtennis spielen.“ Sein Wunsch hat sich aber halt nicht erfüllt… Gruß! Benjamin von muskelfarm.de
Fitphil
30. Dezember 2015 6:51Super Artikel! Nur zu gut nachvollziehbar und sehr berührend. Auch ich liebe den Sport aber kann Deine Eindrücke vollstens nachvollziehen. Aber Deine Abschlussworte bringen es auf den Punkt. Bleib wie Du bist, so motivierst Du aufjedenfall mehr als der ein oder andere “Wunderathlet”.
LG Phil
Nora
1. Januar 2016 19:26danke für dein Verständnis 🙂
Nora
12. Januar 2016 21:31danke für dein Verständnis. In dem Moment dachte ich, ich bin die Einzige! Schön zu hören, dass es auch anderen so geht wie mir!